09. Oktober 2022
von Manfred Loimeier
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Die Romantrilogie von Tsitsi Dangarembga liegt vollständig auf Deutsch vor

Im Jahr 2021 hat die Schriftstellerin und Filmemacherin Tsitsi Dangarembga aus Simbabwe den Friedenspreis des deutschen Buchhandels erhalten. In ihrer Heimat wird ihr wegen ihrer Teilnahme an einer regierungskritischen Demonstration Landesfriedensbruch vorgeworfen und der Prozess gemacht – immer wieder wird das Urteil verzögert. Dangarembgas Roman „Verleugnen“ (Orlanda Verlag, Berlin, 303 Seiten, 24 Euro), der als zweiter Teil ihrer Trilogie soeben auf Deutsch erscheint, bekommt dadurch eine besondere Aktualität, denn auch darin geht es um die komplizierten Lebensbedingungen in Simbabwe.
Es ist aber eine zwiespältige Lektüre. Einerseits liest sich der Roman „Verleugnen“ sehr holprig. Andererseits vermittelt das Buch eine anschauliche Atmosphäre von den Jahren rund um die Unabhängigkeit des südafrikanischen Landes 1980.
Was erheblich stört, ist eine sehr umständliche und gestelzte Sprache. Das kann an einer allzu wortgetreuen Übersetzung der sonst indes professionellen Anette Grube liegen, aber auch an von vornherein gewollt gespreizten Formulierungen.
Dangarembga schildert in ihrem Roman „Verleugnen“ die College-Jahre ihrer jugendlichen Hauptfigur Tambudzai. Das Mädchen ist ehrgeizig, konkurrenzorientiert und von Neid erfüllt. Allerdings liegt das an dem erheblichen Druck, der von ihrer Familie auf sie ausgeübt wird, damit Tambudzai höchste Erwartungen an eine glorreiche Karriere erfüllt.

Verletzte Körper
Aber zudem leidet Tambudzai an einem Trauma, denn sie musste mit ansehen, wie ihr Onkel von den Freiheitskämpfern als Kollaborateur verprügelt wird, weil er ihre eine Ausbildung an einen europäisch geführten Internat finanziert, und wie ihre Schwester Nitsai auf eine Landmine trat und ein Bein verlor. Ohnehin gibt es in diesem Buch, in dieser Geschichte während des Unabhängigkeitskampfes in Simbabwe, kaum einen Menschen, der körperlich oder seelisch unverletzt bleibt. Und so zeigt Dangarembga am Beispiel der traumatisierten Tambudzai, wie schwierig es ist, mit einem derart gewaltvollen Erbe zu leben und sich mit seiner Persönlichkeit dagegen zu behaupten. Denn auch die Unabhängigkeit Simbabwes brachte keine Freiheit von den Ängsten und Verstörungen, die die Menschen nachhaltig prägten.
Und so befremdlich, wie die sprachlichen Stolpersteine wirken, so deutlich wird dennoch, dass und wie sehr diesem Land im Süden Südafrikas ein Heilungsprozess fehlt. Dass Dangarembga ihre Finger in diese Wunde legt, ist ein Verdienst ihrer Literatur und dieses Romans, so schwierig er auch zu lesen sein mag.